Hier werden die Diskussionsergebnisse der Fallbeispiele aus den Themengebieten zusammengefasst dargestellt.
Fall 1 vom 26.06.2023: P3.2 Ist die Herstellbarkeit auf Basis der ermittelten Anforderungen an das Produkt und den Produktionsprozess übergreifend bewertet?
Hallo Herr Redaoui, bei einem meiner letzten Lieferantenaudits bei der Firma XXXXXXX konnte der Lieferant mir keine
Nachweise zu Frage 3.2 für das auditierte Produkt XXXXXXXX zeigen, lediglich eine Verfahrensanweisung, welche regelt, ob
eine HSB erforderlich ist, mit folgender Begründung:
1. Wir erstellen fast täglich Kundenangebote, da können wir nicht jedes Mal eine HSB aus Kapa-Gründen durchführen
2. Lt. unserer VA ist eine HSB nicht notwendig, wir haben unsere Produkte in Warengruppen eingeteilt, dieses Bauteil fällt
nicht in die Warengruppe „HSB notwendig“
3. Das angefragte Bauteil ist für unser Unternehmen ein Standardprodukt
4. Technik, Know-How, Werkstoff und Fertigungstoleranzen beherrschen wir
Wie würden Sie diese Frage bewerten und wieviel Pkt., mit einer kurzen Begründung, vergeben?
In Bezug auf Fall 1, bei dem es um die Herstellbarkeit des auditierten Produkts ging, wurden verschiedene Standpunkte und Bewertungen diskutiert.
Eine Gruppe betonte, dass je nach Art des Produkts verschiedene Aspekte bei der Bewertung der Herstellbarkeit zu berücksichtigen seien. Dies könnte beispielsweise die Komplexität des Produkts, die Verfügbarkeit von Ressourcen oder die technischen Anforderungen umfassen. Es wurde betont, dass das Risiko der einzelnen Produktgruppen angemessen berücksichtigt werden müsse.
Eine andere Gruppe vergab 6 von maximal 10 Punkten für die Frage 3.2. Sie stellte fest, dass die Kundenanforderungen teilweise erfüllt wurden, da der Lieferant über technisches Know-how und Fertigungstoleranzen verfügte. Allerdings wurde bemängelt, dass keine Kapazitätsbewertung (Kapa) durchgeführt wurde. Die Vorlage einer Verfahrensanweisung allein sei nicht ausreichend. Es müsse geklärt werden, welche konkreten Inhalte diese Verfahrensanweisung in Bezug auf Risikobetrachtung und die Durchführung einer Herstellbarkeitsbewertung pro Produktgruppe enthalte.
Eine dritte Gruppe verwies auf die Anforderungen der IATF (International Automotive Task Force) und betonte, dass eine Herstellbarkeitsbewertung für Standardprodukte mindestens einmal pro Produktgruppe durchgeführt werden müsse. Zudem sei es wichtig, die Gruppierung mit den Kunden abzustimmen und sicherzustellen, dass keine spezifischen Qualitäts-, Sicherheits- oder Vertragsbedingungen fehlen oder dass die Gruppierung oder Herstellbarkeitsbewertung für eine einzelne Gruppe nicht akzeptiert wurde.
Zusammenfassend wurden folgende Punkte als relevant erachtet:
Fall 2 vom 26.06.2023: Softskills und Verhaltensregeln als Auditor
Guten Tag zusammen,
ich bin VDA6.3 Lieferantenauditor und bin mir in einigen Lieferanten-Auditoren-Beziehungen unsicher, wie ich mich am besten
in manchen Situationen verhalten sollte. Gerade bei Mittag- / Abendessen Einladungen, Firmengeschenke…..etc.Welche Chancen & Risiken sehen Sie hierzu?
Welche Verhaltensregeln bzw. Empfehlungen haben Sie?
Im Fall 2 ging es um die Chancen und Risiken im Zusammenhang mit Einladungen zu Geschäftsessen, Firmengeschenken usw. und den entsprechenden Verhaltensregeln bzw. Empfehlungen für den Auditor.
Die Diskussion erörterte, dass keine Geschenke angenommen werden sollten, um jeglichen Anschein von Bestechung zu vermeiden. Es wurde jedoch betont, dass geschäftsübliche Abendessen und Mittagessen akzeptabel seien, solange sie sich an kulturell angemessenes und normales Geschäftsgebaren halten. Dabei wurde als Richtwert ein Betrag von unter 25 Euro genannt. Die Einhaltung interner Richtlinien und der gesunde Menschenverstand wurden als wichtige Leitlinien genannt.
Es wurde empfohlen, die Risiken und Chancen im Zusammenhang mit solchen Einladungen zu berücksichtigen. Der Auditor sollte sicherstellen, dass keine Bestechung oder unethisches Verhalten stattfindet und im Voraus klare Informationen an den Lieferanten kommunizieren, welche Art von Geschenken oder Einladungen nicht akzeptabel sind.
Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass bei der Auswahl von Orten für Geschäftsessen oder -veranstaltungen darauf geachtet werden sollte, dass diese keine unnötigen Risiken oder Konflikte mit dem Auditplan verursachen. Es sollte vermieden werden, an Orte zu gehen, die einen zu großen Abstand zum Arbeitsplatz des Lieferanten haben oder die einen unangemessenen Aufwand darstellen, der die Auditaktivitäten beeinträchtigen könnte.
Zusätzlich wurde diskutiert, wie sich der Auditor verhalten sollte, wenn der Lieferant während des Essens über Probleme und Schwierigkeiten spricht. Dabei wurde betont, dass der Auditor Verständnis zeigen sollte, aber gleichzeitig die objektive Bewertung der Risiken und die Einhaltung der Anforderungen im Blick behalten muss. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Situation nicht als Prüfung, sondern als Chance zur Identifizierung von Risiken und zur Verbesserung der Prozesse des Lieferanten betrachtet werden sollte.
Insgesamt wurde empfohlen, eine angemessene Distanz zum Lieferanten zu wahren und sich auf eine professionelle und objektive Durchführung des Audits zu konzentrieren.